Patty Coat
Tapferes Schneiderlein
Dabei seit: 12 Sep, 2016
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Something old, something new...ein Brautkleid Makeover |
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Derzeit arbeite ich an einem Projekt, das mal ganz neue Anforderungen an mich stellt: Ein Brautkleid! Und zwar für meine "älteste" Freundin, die ich seit dem Kindergarten kenne und die Ende Oktober heiratet.
Es wird allerdings kein von Grund auf neues Kleid, sondern sie möchte das Brautkleid ihrer Mutter umgeschneidert haben.
Da ich natürlich nur Hobbyschneiderin bin haben wir gleich von vornherein die Erwartungen und Möglichkeiten klar kommuniziert. Ich denke das war auch der wichtigste Part an der ganzen Aktion.
Und hier die 80er-Pracht an der künftigen Trägerin:

Glücklicherweise ist das Kleid recht schlicht, wenn man bedenkt, dass kurz zuvor Prinzessin Diana geheiratet hatte und der Trend entsprechend bauschig war.
Es kommt auch ohne Stäbchen oder sonstige Versteifungen aus. Es wurde ursprünglich lediglich ein kleiner Reifrock drunter getragen.
Der Stoff ist ein weicher Tüll mit geometrischen Blümchenmuster und das Futter ist aus Poly und etwas durchscheinend.
Glücklicherweise passt es ihr sehr gut und muss lediglich minimal rausgelassen werden in den Seiten, damit sie auch bequem essen kann.
Nach einem langen Nachmittag des Brainstormings kamen verschiedene Möglichkeiten zustande was man aus dem Kleid so alles machen könnte. Die Ärmel wurden kurzerhand abgetrennt, denn alle Anwesenden waren sich einige, dass die weichen müssen. Außerdem haben wir die Raffung auf dem Rock gelöst, damit es nicht mehr so bauscht.

Daraufhin folgte noch ein Besuch in einem Brautmodengeschäft. Es war wichtig zu sehen was ihr gut steht und was ihr unabhängig vom Kleid ihrer Mutter denn am besten gefallen würde. Außerdem diente es als endgültige Entscheidungshilfe ob sie sich nicht doch ein neues Kleid kaufen möchte.
Erstaunlicherweise war das in Frage kommende Kleid im Geschäft sehr nahe an Variante 1 auf der Bilderreihe oben, daher fiel ihre Entscheidung auf das Erbstück. Der Besuch war auch dahingehend sehr erfolgreich, dass wir wertvolle Anhaltspunkte bekommen haben welche Details ihr gefallen und ihr gut stehen. Da wäre ich auf einiges nie selbst gekommen.
Ich schweife mal an dieser Stelle ab: ich fand es ja ehrlich gesagt erschreckend welche Qualität Brautkleider in Relation zu ihren Preisen haben und dabei waren wir in einem renommierten Geschäft. Alles Polyester, zwar gute Verarbeitung, aber nichts, was jemand der schon mal ein historisches Komplettoutfit von Grund auf genäht hat nicht auch könnte. Am Ende ist alles eine Frage der guten Passform und Materialwahl.
Folgende Änderungen sind geplant:
1. Vom Schnitt her soll es mehr oder weniger der Originalschnitt ohne Ärmel sein, also Variante 1. Die engeren Schnitte stehen ihr zwar auch gut, aber sie möchte die Bewegungsfreiheit.
2. Der Ausschnitt des Futters soll weiterhin herzförmig sein, aber zum einen insgesamt tiefer und zum anderen die Spitze sehr viel ausgeprägter, da ihr das im Laden sehr gut stand.
3. Sie wirkt größer, wenn die Taille ganz knapp unter ihrer natürlichen Taille liegt. Das werden wir mit einem neuen, schmaleren Band „hinmogeln“, welches die bestehende Taillennaht nur knapp nach oben hin verdeckt.
4. Der Rücken soll transparent, also ohne Futter, werden, eingerahmt von Spitze und mit bezogenen kleinen Knöpfchen.
5. Trotz ihrer sportlichen Schultern steht es ihr ausgesprochen gut, wenn die Schulterpartie relativ weit über die Schultern reicht, fast schon wie Kappärmel.
6. Ihr gefällt dickere Spitze mit Ornamenten besonders gut und sie möchte das gern an den Armausschnitten und am Hals ergänzen um auch die geometrische Spitze des Kleides etwas aufzulockern. Auf diese Weise kriegen wir dann auch die angedeuteten Kappärmel.
7. Je nachdem wie das dann am Ende aussieht, denken wir noch über weitere Spitze auf dem Rock/Saum nach, aber das wird sich am Ende zeigen ob es zu viel des Guten ist.
Wir haben beide sehr lange nach Spitze gesucht und sie hat schließlich eine bei Aliexpress gefunden von der sie sich nicht mehr losreißen konnte. Ich war anfangs etwas skeptisch, da ich befürchtete, dass sie vom Stil nicht zu der luftigen Tüllspitze des Kleides passt, aber ich finde es sieht doch unerwartet gut zusammen aus.
Leider gibt es die Spitze nur in elfenbein und das Kleid ist sichtbar weißer. In dem Zusammenhang haben wir aber festgestellt, dass ihr elfenbein besser steht und da das Futter sowieso sehr durchsichtig ist, wird das nun gedoppelt mit elfenbeinfarbenen Makosatin. Mein Favorit wäre ein schöner Seidensatin gewesen, aber das ist ihr zu glänzend und Taft hat zu viel Stand.

Um den Makosatin einzuarbeiten habe ich das ganze Kleid inzwischen auseinandergenommen und benutze es direkt wieder als Schnittmuster. Das ist gefühlt der schlimmste Part. Ich finde ein neues Kleid nähen fühlt sich ganz anders an als eins auseinanderzunehmen...

Die Spitze habe ich schon mal begonnen mit der Nagelschere auszuschneiden. Außerdem hab ich sie in einer spontanen Nachtaktion mal kurzerhand drangepinnt und meiner Freundin ein Foto geschickt, weil ich dann doch plötzlich Angst hatte, dass es nicht so aussieht wie sie es sich vorgestellt hatte, aber sie war begeistert... und ich erleichtert 



Das Futter kommt im Rücken dann wie gesagt weg, das wird der beste Teil 
Hat jemand ne Ahnung wo man minikleine beziehbare Knöpfe bekommt? So ca. 8mm? Ich werde unter 12mm nicht fündig. Alternativ könnte ich natürlich "normale" Knöpfe mit dem Stoff beziehen und vernähen, also quasi die historische Variante, aber ich hätte halt gern eine leichte Kuppelform...
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29 Jun, 2018 16:01 37 |
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Patty Coat
Tapferes Schneiderlein
Dabei seit: 12 Sep, 2016
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Vielen Dank, licorne, für die Links! Bei den Perlenknöpfen werden ich mal schauen ob es die auch in creme gibt, das könnte tatsächlich ne Option sein, da sie evtl. auch eine Perlenkette tragen wollte. Werd ich ihr definitiv vorschlagen!
Die goldenen haben eine schöne Form, aber das wird halt doch sehr futzelig die zu beziehen, weil hinten nicht viel Platz ist. Das wird dann aber bei allen 8mm-Modellen der Fall sein ansonsten müssen wir ggf. doch entweder etwas größere nehmen oder auf Unterlegscheiben oder so ausweichen, die sind zwar flach, aber die Öse wäre nciht im Weg beim Beziehen. Das Kleid im Laden hatte halt so ganz kleine und die sahen so schön filigran aus, das hätte ich gerne nachgeahmt.
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30 Jun, 2018 07:27 37 |
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Black Snail
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
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30 Jun, 2018 10:57 31 |
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Nicl
Tapferes Schneiderlein
Dabei seit: 20 Feb, 2018
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30 Jun, 2018 20:39 59 |
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Patty Coat
Tapferes Schneiderlein
Dabei seit: 12 Sep, 2016
Beiträge: 541
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WIPs sind wohl nicht so mein Ding, ich bin viel zu unzuverlässig was Updates angeht... 
Jedenfalls ist das Kleid seit einer Woche fertig und bei der Braut!
Ich habe den Tüll dann tatsächlich noch einmal kurz durch eine Mischung aus Schwarztee und Kamillentee gezogen was hervorragend geklappt hat.
Zwischendurch sah das bei der Anprobe dann etwas wild aus und ich muss meiner Freundin ein großes Lob aussprechen, dass sie bei dem Anblick gelassen geblieben ist und mir vertraut hat, dass es am Ende gut aussehen wird 


Das Futter vom Oberteil habe ich komplett ersetzt durch zwei Lagen Bomull und eine Lage Makosatin. Dass ich den Rücken so weit ausgeschnitten habe hat etwas die "Stabilität" gefährdet, daher habe ich seitlich noch Kabelbinder eingenäht. Die Braut hat zumindest bestätigt, dass es sich sehr sicher anfühlt.


Bei den Knöpfen habe ich dann aus Zeitgründen auf beziehbare Knöpfe von Prym zurückgegriffen die immerhin nur 11mm haben, was das kleinste war was ich finden konnte.
Die Spitze habe ich in rauhen Mengen mit der Nagelschere ausgeschnitten, aufgesteckt, geheftet und von Hand angenäht, das war schon eine Mordsarbeit. Noch schlimmer war allerdings der nahtverdeckte Reißbverschluss ich habe ihn nach nur kurzem erfolglosem Maschinenversuch mit Hand eingenäht, da ich so präziser arbeiten konnte. Durch die Löcher im Tüll konnte man da mit der Maschine einfach nicht nah genug ran ohne dass es sich verzieht.


Der Rock hat nur eine zusätzliche Lage Makosatin bekommen und den ursprünglichen Stoff als Futter behalten. Darüber kam dann noch eine Lage aus Spitze. Das war gar nicht so einfach, weil der Schnitt A-förmig ist und einen entsprechend gebogenen Saum hat, aber die Spitze mit Bogenkante ja gerade ist. Die Bogenkante musste ich also einmal komplett abschneiden und von Hand wieder aufnähen. Wir hatten ja noch überlegt ob überhaupt noch Spitze drauf soll, aber ich finde das war schon die richtige Entscheidung. Glücklicherweise hatten wir auch mit der Lieferung Dusel, denn bei der 2. Bestellung wurde zunächst die falsche Spitze geliefert. Die war noch zusätzlich mit Perlen bestickt und hatte einen dunkleren Champagnerton, hat also gar nicht dazu gepasst. Die Nachlieferung kam dann gerade noch rechtzeitig an damit ich das Kleid zum geplanten Treffen mit der Braut fertig nähen konnte.
Das schöne an der Sache ist, dass ich jetzt eine kostenlose, wunderschöne, perlenbestickte Spitze habe, die sich ganz hervorragend für ein viktorianisches Ballkleid eignet 
Aufgrund des offenen Rückens kann man ja keinen BH unter dem Kleid tragen, daher hab ich von einem BH der Braut die Cups ausgeschnitten und eingenäht.
Ich hatte etwas Sorge, dass die Schulterpartie das Gewicht des Kleides nicht halten kann, denn durch die Spitze hat es schon ordentlich zugelegt, daher habe ich über die Spitze mehrfach mit transparentem Nylongarn drübergenäht, das sollt ejetzt halten.


Meine Freundin war jedenfalls ganz hin und weg und total begeistert als sie das Kleid dann final anprobiert hat, was mich mehr als erleichtert und natürlich auch riesig gefreut hat!
Ich muss gestehen, es war doch nervenaufreibender als ich gedacht hatte. An sich war es kein Hexenwerk, aber an einen anderen Körper anzupassen, der ja nicht immer für Anproben zur Verfügung steht und nach fremden Wünschen ist schon ne andere Nummer als für sich selbst zu nähen. Und dazu kommt noch, dass die Freundin halt auch vom Nähen keine Ahnung hat, d.h. was geht und was nicht war für sie überhaupt nicht vorstellbar. Letztlich hat aber zum Glück alles sehr gut geklappt und sie hatte sogar ihren "Brautmoment" mit Tränen und allem was dazu gehört als sie das fertige Kleid zum ersten Mal an hatte 
Die Hochzeit ist in zwei Wochen, dann werde ich auch noch Tragebilder nachreichen können 
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01 Oct, 2018 17:37 17 |
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Emma
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
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01 Oct, 2018 19:04 02 |
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