Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
Mary Vetsera Kairo (?) 1887 |
 |
Da eine für September geplante Cosplaygruppe verschoben wurde, habe ich beschlossen, ein eigentlich erst im nächsten Jahr vorgesehenes Cosplay vorzuziehen. Denn wie soll ich mich im August von Latein ablenken, wenn ich nichts mit Enddatum nähe?
Kurze Info zur Vorlage: Es handelt sich um ein eher unbekanntes Foto von Marie "Mary" Alexandrine von Vetsera, das auf das Jahr 1887 datiert wird und angeblich in Kairo aufgenommen wurde:
https://i.pinimg.com/564x/c9/73/bd/c973b...81f10d5a489.jpg
1887 halte ich prinzipiell für glaubhaft und auch ein knapp zweimonatiger Aufenthalt in Kairo ab November des fraglichen Jahres ist belegt. Allerdings musste Mary nach Kairo reisen, weil ihr als Diplomat tätiger Vater einen Schlaganfall erlitten hatte und einen Tag vor ihrer Ankunft an den Folgen verstarb. Ergo dürfte sie dort eher weniger mit einer größeren Gruppe wandern gewesen sein. Für wahrscheinlicher halte ich, dass das Foto in Schwarzau entstand, wo Mary gemeinsam mit ihrer Mutter, den Geschwistern und einem Onkel die übrigen Herbstmonate verbracht hatte.
Auf jeden Fall bin ich froh, doch noch ein Cosplay zu Mary nähen zu können. Eigentlich stand sie schon seit 2014 auf meiner Liste, aber irgendwie konnte ich nie das richtige Kleid finden. Zu wenig sichtbar, nur unzureichend beschrieben, Kinderkleid, nicht aufzutreibendes Muster...
Hier hingegen hat sich jetzt gleich eine dunkelviolette Baumwolle gemeldet, die ich seit letztem Jahr aufbewahrt hatte - ein Grund mehr, das Projekt vorzuziehen.
Was habe ich schon?
- Chemise
- Unaussprechliche (wobei ich gern noch ein einfarbiges Exemplar nähen würde, falls die Zeit reicht - aktuell habe ich nur welche mit Blümchenmuster)
- Korsett
- Hummerschwanz
- Unterrock
- Strümpfe
- Schuhe
- Hut
- Handschuhe
Was brauche ich noch?
- Rock -> bekanntes Schnittmuster
- Schürze -> zu variierendes bekanntes Schnittmuster
- Jacke -> zu variierendes bekanntes Schnittmuster
- Picknicktasche
Und weil ich einen leeren Tag in unserem Vereinsheim abpassen muss, um den Stoff voll ausbreiten und zuschneiden zu können, dachte ich mir, ich fange mal mit der Picknickrolle an. Die Anleitung haben wir beim Nähtreff gestern Abend als doof befunden, jetzt sauge ich meinen Filz ab und lege los.
|
|
27 Jun, 2018 11:31 40 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
Es gibt erste Fotos der Picknickrolle. Yay^^
Gut, nachdem wir festgestellt hatten, dass die Anleitung besch... eiden ist, habe ich beschlossen, mich nur grob daran zu orientieren und lieber selbst mein Gehirn einzuschalten. In diesem Sinne habe ich zuerst die rechteckige Basis um zwei Zentimeter verlängert und sie dann gemeinsam mit den beiden runden Seitenteilen aus Filz ausgeschnitten. Ein Henkel gehört auch noch dazu, aber zu dem standen in der Anleitung keine Infos (außer der, wann man ihn annähen soll), weshalb ich den erst ausmessen kann, sobald die Basis fertig ist.

Nach dem Ausschneiden werden die Seitenteile an die Basis gesteckt, was ziemlich lustig aussieht, wie ich finde:


Und dann wird sorgfältig per Hand festgenäht. Eine Seite habe ich schon fertig, die wurde heute in einer Vorlesung zur Französischen Revolution angegangen. Das Direktorium fand ich eh nie sooo spannend, nächste Woche kommt dann endlich Napoleon 

|
|
28 Jun, 2018 14:48 22 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
So...
... in unser Vereinshaus können wir leider NOCH IMMER nicht (langsam sind alle sauer!), aber da mir aufgrund einer spontanen Klassenfahrt eine Woche zum Nähen fehlt, habe ich jetzt keine andere Wahl, als mit Marys Kleid anzufangen.
Los geht es mit dem Rock nach meinem üblichen Schnittmuster (TV263). Allerdings habe ich mich dazu entschieden, den Saum hinten zu kürzen, um die übliche Schleppenbildung zu verhinden. Einerseits weil ich im Herbst ungerne den Boden wischen möchte, andererseits in Anlehnung an das Originalkleid, in dem wohl auch gewandert wurde. In diesem Zusammenhang erscheint mir selbst eine kleine Schleppe unwahrscheinlich.
Wenn ich Tournürenröcke nähe, beginne ich immer mit den Vorder- und Seitenteilen. Das Vorderteil entsteht dabei im Bruch, die beiden Seitenteile kommen bei 140 cm breiten Stoffen daneben. Dieses Prozedere funktioniert allerdings nur, weil mir für die Seitenteile Größe A reicht, während der Rest des Rocks in Größe F zugeschnitten wird.

Anschließend kommt das Rückenteil an die Reihe, auch im Bruch. Für meine ersten beiden Röcke habe ich die hintere Partie noch geteilt, aber inzwischen setze ich den Einstiegsschlitz immer in die Seite. Da ist das nicht mehr nötig.
Je nach Stoffbreite passt dann neben das Rückenteil noch die Vorlage für den Bund. Hier habe ich mich dazu entschieden, dank des doppelt gelegten Stoffes gleich zwei Stück auszuschneiden, weil ja später die Schürze ansteht. Außerdem bleibt wie man sieht eine rechteckige Fläche übrig, die ich für die Ärmelmanschetten verwenden möchte.

Und wenn dann alle Rockteile ausgeschnitten sind, übertrage ich die insgesamt vier Abnäher. Da es gleichmäßige Dreiecke sind, muss ich mir dafür nur drei Hilfspunkte markieren, die mit dem Geodreieck verbunden werden. Hier das Beispiel Vorderteil:

Damit wäre ich für heute auch schon wieder fertig. Morgen gehe ich mit einem Stoffstückchen passendes Garn kaufen, um richtig anfangen zu können. Mein Ziel: Den Rock bis Mittwoch fertig haben und dann möglichst gleich mit der Jacke weitermachen. Die Schürze wird wohl am Ende das kniffligste Teil werden...
|
|
10 Sep, 2018 18:56 29 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
Und weiter geht es!
Da ich heute recht früh wach war, habe ich zuerst die beiden Bünde (?) vorbereitet. Und zwar habe ich mir über die Zeit angewöhnt, die langen Kanten jeweils einen Zentimeter einzuschlagen und festzubügeln, bevor ich den Bund noch einmal mittig falte, um die klassische Form hinzubekommen. Früher habe ich das während des Nähprozesses gemacht, aber das war eine ziemliche Friemelei und vorgebügelt geht alles einfacher.


Gebügelt habe ich allerdings noch nicht, da heute eh gewaschen werden musste und ich dann morgen wieder alles aufgebaut hätte. Stattdessen habe ich pflaumenfarbenes Garn gekauft, um die gestern gesteckten Abnäher festzunähen. Danach wurde das Vorderteil mit den beiden Seitenteilen verbunden.
Auch hier eine kleine Besonderheit: Ich bin irgendwann auf die Idee gekommen, die Zugabe jeweils seitlich festzuheften. Kostet beim Nähen erst einmal etwas Zeit, hilft dann aber später beim Tragen und nicht zuletzt auch beim Waschen gegen Fusselei. Außerdem dienen die zusätzlichen Nähte als Zierde, sobald man nah genug herangeht. Auf Fotos erscheinen sie für gewöhnlich nicht.

Wie man sehen kann, habe ich die Abnäher schon einmal seitlich festgepinnt, das hilft mir dann später beim Anbringen des Bundes. Ansonsten habe ich heute noch das Rückenteil in Falten gelegt, aber da war es leider schon zu dunkel für Fotos.
|
|
11 Sep, 2018 19:12 04 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
Danke, ihr beiden! Ich bin ehrlich gesagt sehr darauf fixiert, sauber zu arbeiten, weshalb es mich wahnsinnig macht, dass ich mich zwischen einem sauberen Innenfutter und perfekten Abnäherspitzen entscheiden muss. Aktuell gewinnt das Innenfutter...
Zwei weitere Tage sind rum und ich war sehr produktiv. Zuallererst schulde ich euch noch ein Foto von den Falten in der hinteren Rockbahn:

Früher, als ich das Rückenteil noch geteilt habe, habe ich immer viele kleine Falten gelegt, die jeweils von außen in die Mitte deuteten. Aber seit ich mehr Platz am Stück zur Verfügung habe, bin ich nach einigen Experimenten auf mehrere große Falten gekommen. Geht schneller und sorgt gleichzeitig dafür, dass sich der Rock schöner über dem Hummerschwanz auffächert, wenn man mal ohne Schürze unterwegs ist.
Anschließend habe ich die Falten festgeheftet, das Rückenteil an den Restrock genäht und mich dann an die Jacke gesetzt. Das Puzzeln dauerte dabei etwas, aber am Ende kam ich auf das hier:

Also alles umranden, Papier weg, mit der Zackenschere ausschneiden und schonmal die wichtigsten Teile zusammenheften. Das seltsam eckige Gebilde unter dem Kragen ist übrigens ein Täschchen - das ergab sich so aus der freien Stofffläche neben dem Seitenteil.



Und nicht vergessen: Die Vorderteile brauchen insgesamt vier Abnäher. Die habe ich auf meinem Schnittmuster eingezeichnet und übertrage sie dann mit Hilfe von Kopierpapier samt zugehörigem Rädchen.

Ist die Jacke grob zusammengenäht, braucht man natürlich noch das Futter. In diesem Fall habe ich es schon vor ein paar Wochen vorbereitet (Kochshows lassen grüßen) und heute mit Marie geprüft, ob die Abnäher auch so sitzen, wie sie sollen. Tun sie, auch wenn die Spitzen trotz Bügeleisen eben nicht ganz perfekt sind.
Als nächsten Schritt werden die Stäbe in das Futter eingesetzt. Dafür kann man Spiralfederstahl verwenden, ich persönlich nehme aber lieber schwarzes Miederband. Vorteil: Es lässt sich bei 40° waschen und meiner Meinung nach auch leichter verarbeiten. Lange Rede, kurzer Sinn: Zwei Bänder à 32 cm und zwei Bänder à 28 cm werden direkt neben dem jeweiligen Abnäher eingenäht und dieser dann über das Band geklappt, wobei er es vollständig abdeckt:


... leider nicht die beste Fotoqualität, aber ich hoffe, man sieht, was ich meine. Morgen geht es weiter.
|
|
13 Sep, 2018 20:57 55 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
@Miss Parlic
Ich habe noch nie mit Fderstahl gearbeitet, kann also nicht direkt vergleichen. Aber das Plastik ist einerseits tatsächlich fest, andererseits passt es sich durch seine Struktur dem Korsett an. Also, ich bin zufrieden 
Sobald die Stäbe versteckt sind, werden Futter und Oberstoff falsch herum aufeinander gelegt. Nicht historisch korrekt, aber ich kriege es einfach nie so sauber hin, wenn ich nicht stülpe. Jedenfalls werden beide Teile etwa einen Zentimeter vom Rand entfernt zusammengenäht, nur die linke obere Ecke muss angeglichen werden, damit am Ende die Kante gerade verläuft:

Nach dem Nähen überprüfe ich mit Hilfe von Kopierpapier und Rädchen, ob meine beiden Vorderteile auch gleichmäßig abgeschlossen sind. Durch die Abnäher kommt es da manchmal zu Abweichungen - wie man hier sehen kann, habe ich diesmal aber nur höchstens einen oder zwei Millimeter Unterschied, das fällt nach dem Stülpen gar nicht mehr auf.

Dann wird gestülpt. Mein bester Freund ist dabei ein chinesisches Essstäbchen, mit dem ich wunderbar in die Ecken komme. Wieder alles feststecken und nun können auch die Armlöcher zusammengenäht werden. Das erleichtert im Anschluss das Einsetzen der Ärmel.

|
|
22 Sep, 2018 17:50 34 |
|
Kahori
Nadel-und-Faden-Flüsterer

Dabei seit: 08 Sep, 2016
Beiträge: 1067
 |
|
Weiter geht's.
Nachdem die Jacke als solche nachgenäht ist, werden endlich die Ärmel eingesetzt. Davon habe ich leider keine Fotos, weil spät abends das Licht doch sehr bescheiden war. Im Grunde ist es aber ziemlich einfach, wenn man sich merkt, dass die hintere Ärmelnaht jeweils auf die Naht treffen muss, die Rücken- und Seitenteil verbindet. Am besten steckt man das also zuerst, dann geht der Rest fast von allein.
Mit den Ärmeln ist die Jacke auch als solche zu erkennen, was heißt, dass es mit dem Kragen weitergeht. Auf dem Foto scheint es, als wäre der Kragen des Originalkleides durchgängig, ich habe mich hingegen dazu entschieden, vorne in der Mitte eine Art Lücke zu lassen. Liegt schlicht und ergreifend daran, dass ich wahnsinnig werde, wenn etwas zu nah an meinem Kehlkopf liegt. Meine Mutter hatte ihren Spaß, wenn sie mir als Kind einen Schal anziehen wollte...
Zuerst werden jedenfalls die beiden Kragenteile falschherum aufeinandergelegt und bei etwas mehr als Fingernagelbreite festgenäht. Anschließend wird ähnlich wie bei der Jacke gestülpt und die Kante sorgfältig nachgenäht:


Anschließend kommt der Kragen an die Jacke. Dafür stecke ich ihn innen in der Mitte fest und arbeite mich von dort aus gleichmäßig nach links und rechts. Erst wenn der Kragen innen festgenäht ist, stelle ich ihn auf und klappe unten etwa einen Zentimeter nach innen weg, ehe ich ihn auch außen festnähe - hier wieder etwa fingernagelbreit. So hält er am besten und die Naht fällt am wenigsten auf.


Anschließend wurde die Jacke erst einmal gebügelt, wobei ich mich besonders auf die Abnäherspitzen konzentriert habe. Die habe ich versucht an der Bügelbrettkante und mit etwas größerer Hitze plattzudrücken und ja, das Prozedere ist so bescheuert wie es klingt. So wie es aussieht, muss ich mir wirklich mal so ein Bügelkissen anschaffen, obwohl sie verdammt teuer sind.
Danach wollte ich endlich den Rock fertig machen (dem fehlen ja nur noch Bund und Saum), aber aus irgendeinem Grund war derselbe Bund, den ich immer für meine Röcke nehme, plötzlich viel zu kurz. Nach mehrmaligem Messen kam ich darauf, dass ich den Rock wohl für 1,5 cm Nahtzugabe konzipiert, aber wie immer mit nur 1 cm genäht hatte. Also stand ich vor der Wahl, entweder den kompletten Rock inklusive Zusatznähten aufzutrennen oder die zusätzlichen knapp 8 cm über die Abnäher zu kompensieren. Leider standen dafür nur die beiden vorderen Abnäher zur Verfügung, was bedeutet, dass der Bund jetzt zwar passt, aber vorne auf Höhe der Abnäherspitzen aus irgendeinem Grund zwei Falten entstanden sind. Ich hoffe, die wieder rauszukriegen, aber aktuell habe ich einfach nur große Lust, das ganze Projekt in die Ecke zu schmeißen.
Schlussendlich konnte ich mich noch dazu überreden, den Bund anzusetzen. Selbes Prinzip wie beim Jackenkragen, nur sehr viel schneller, da vorgebügelt:


Morgen sollte ich eigentlich dringend mit der Schürze anfangen, nur wie gesagt... dafür ist die Frustgrenze im Moment zu hoch.
Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Kahori am 25 Sep, 2018 18:48 07.
|
|
25 Sep, 2018 18:46 23 |
|
|